Nippon Jiu-Jitsu

Nippon = Japan
Jiu = sanft, biegsam, anpassungsfähig, geschmeidig
Jitsu = Kunst, Kunstfertigkeit

ist eine Nahkampf- und Selbstverteidigungskunst, die hauptsächlich unbewaffnet, aber im historischen Stil des feudalen Japan auch unter Einbeziehung von Waffen (Katana, Bo, Tanto, Yawara- oder Shinbo) und Gegenständen des täglichen Lebens (Gürtel, Essstäbchen oder Schärpen) ausgeübt wurde.

Jiu-Jitsu ist, bzw. war keineswegs die einzige (unbewaffnete) Kampfkunst Japans, viele Kampfschulen ("Ryu") gaben ihren Kampfstilen, die sich oft nur wenig voneinander unterschieden, eigene Namen (z.B. Kuguseku, Kempo, Kumiuchi, Tai-Jitsu).

Der Ursprung des Jiu-Jitsu geht vermutlich bis auf die indische Massagekunst zurück, die über hundert schmerzempfindliche und lebensgefährlich verletzbare Stellen am menschlichen Körper kannte und dieses Wissen in der Kunst des Yawara (oder Yaware) als eigene Kampfart innerhalb des Jiu-Jitsu zur Anwendung brachte.

Von Indien kam die Kunst nach China und von dort nach Japan. Der Chinese Chin Gempin, der sich 1638 in Japan niederließ, wird von der japanischen Geschichtsschreibung heute offiziell als der Begründer des Jiu-Jitsu bezeichnet. Er wurde 1650 in den Samurai-Stand erhoben, nachdem er drei Ronin (herrenlose Samurai) in der "sanften Kunst" unterrichtet hatte. Es gilt aber als sicher, dass bereits lange vor 1638 chinesische Kampfkunstexperten, die aus politischen Gründen ihr Land verlassen mussten und in Japan Zuflucht fanden, ihre Kampftechniken bei den Samurai- und Ninja-Familien lehrten.

Jiu-Jitsu fand unter den Samurai rasche Verbreitung und wurde bereits Ende des 17. Jahrhunderts als eine der ersten Samurai-Pflichten im Bushido (Ehrenkodex der Samurai) festgelegt.

Das System des Jiu-Jitsu setzt sich aus folgenden Teilbereichen zusammen:

  • Schlag- und Tritttechniken (atemi-waza)
  • Festlege- und Transporttechniken (torae-waza, osae-waza)
  • Würge- und Strangulationstechniken (shime-waza)
  • Wurftechniken (nage-waza)
  • Gelenkausrenk- und Verdrehtechniken (kansetsu-waza)
  • Nervendruck und Nervenpressen (Yawara, Yaware)

Die verschiedenen Schulen, die zum Teil heute noch existieren (z.B. Tenchin-Shinyo-ryu, Takenouchiryu, Soseishitsu-ryu, Kito-ryu, Skiguchi-ryu), spezialisierten sich auf einzelne Teilbereiche; dem Volke gegenüber wurden diese Techniken, die allgemein sehr gefürchtet waren, streng geheimgehalten.

Selbst bewaffnete und gut trainierte Kämpfer wurden nicht selten von Adligen oder Ninja unter Anwendung der "sanften Kunst" mit bloßen Händen oder der eigenen Waffe überwältigt; die Fähigkeit, einen Gegner mit wenigen Körperbewegungen scheinbar mühelos kontrollieren zu können, war dem Uneingeweihten unerklärlich und anlas zahlreicher Legenden.

Jiu-Jitsu wurde in unzähligen Kämpfen der japanischen Feudalzeit perfektioniert, untaugliche Techniken blieben meist mit ihrem Anwender auf der Strecke.

Erst als die Vorherrschaft des japanischen Rittertums (Bushi) im 19. Jahrhundert mehr und mehr zurückging, verlor die „sanfte Kunst“ an Bedeutung. Im Zuge der Öffnung Japans nach Westen wurde den Studenten sogar nahegelegt, die alten Künste und Gebräuche zu vergessen.

Der deutsche Professor Dr. Baelz, der Medizin an der Universität in Tokio lehrte, sorgte sich um den schlechten körperlichen Zustand seiner Studenten und begeisterte sie für die fast vergessene Kampfkunst. Er selbst nahm bei dem ältesten Meister, dem 70jährigen Totsuka, Unterricht. Von diesem Zeitpunkt an erfolgte die "zweite Blüte" des Jiu-Jitsu in Japan.

In Europa wurde Jiu-Jitsu zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingeführt, in Deutschland wurde 1906 die erste Jiu-Jitsu Schule durch Altmeister Erich Rahn eröffnet, der in zahlreichen öffentlichen Kämpfen gegen Boxer, Ringer und Catcher die Überlegenheit dieses Kampfsystems unter Beweis stellte. Erich Rahn war es auch, der die Berliner Kriminalpolizei im Jiu-Jitsu unterrichtete.

Im 2. Weltkrieg war Jiu-Jitsu bei allen kriegsführenden Staaten Bestandteil der Ausbildung von Fallschirmjägern, Kommandotruppen und Spezialverbänden. Aus diesem Grund verboten die Alliierten in Deutschland nach 1945 durch das Kontrollratsgesetz die Ausübung des Jiu-Jitsu; erst in den 50er Jahren gelang es, dieses Gesetz wieder aufzuheben.

Jedoch wurde ab diesem Zeitpunkt von den meisten Vereinen Judo praktiziert, ein Wettkampfsport, der um 1900 von dem Japaner Jigoro Kano aus dem alten Jiu-Jitsu heraus entwickelt wurde, um ungefährliche sportliche Wettkämpfe durchführen zu können.

Kano entschärfte das klassische Jiu-Jitsu von sämtlichen gefährlichen Schlag-, Hebel-, Wurf- und Würgetechniken, sowie dem Nervenpressen und schuf einen Wettkampfsport, der sich innerhalb strenger Regeln bewegt.

Jiu-Jitsu wird heute von mehreren Verbänden (oft in Verbindung mit Judo) gelehrt, meist fehlen jedoch die Elemente des klassischen Jiu-Jitsu der japanischen Feudalzeit, vor allem seit unter dem Namen "Ju-Jutsu" eine Zusammenstellung von Techniken zeitlich neuerer Kampfkünste (Judo, Karate, Aikido) Verbreitung gefunden hat.

 
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