Yaku-Kobu-Jitsu

Ein japanischer Polizist braucht nur einen Stock und einen Strick.

Erstaunlich, daß die trainierten und bewaffneten Samurai vor diesen schlecht ausgerüsteten, einfachen Männern ziemlichen Respekt hatten. Ein Flackern der Angst war in ihren Augen zu sehen, wenn sie einen dieser Vertreter der öffentlichen Ordnung zu Gesicht bekamen. Dieses Phänomen wollen wir hier untersuchen. Diese Männer hatten sich im Umgang mit ihrem metallenen Stab und mit der Kordel, die sie sich um die Hüfte gebunden hatten, gut trainiert. Unauffällig, und ohne viel Aufhebens zu machen, gingen sie zu Werk.

Der Knüppel eines Dorfwachmanns war 50cm und der Zacken 10cm lang. Mit diesem Gerät entwaffnete er einen wild gewordenen Schwertkämpfer. Anschließend zog er sich blitzschnell seinen seidenen Gürtel von der Hüfte. Einen Augenblick später lag der Samurai, der gegen das Gesetz verstoßen hatte, gebunden und hilflos am Boden.

Im alten Japan gab es drei Arten von solchen Wachmännern. Die "Metsuke" gehörten zu einer Art von Geheimpolizei, die sich aus der Schicht der Samurai rekrutierte. Sie konnten im Kampf auf ihre Ausbildung in Samurai-Techniken zurückgreifen. Gewöhnliche Wachleute jedoch, die Okkappiki und die Meakashi, waren auf fünf Grundarten des Yaku-Kobu-Jitsu angewiesen:

  • Tanbo-Jitsu:
    Die Fähigkeit, als Polizist mit einem Knüppel umgehen zu können
  • Bo-Jitsu:
    Die Fähigkeit, mit jeder Art von Stöcken und Stäben unterschiedlicher Länge umgehen und sie im Kampf geschickt verwenden zu können
  • Jutte-Jitsu oder Shinbo-Jitsu
    lehrte die Anwendung des metallenen Nervendruckstabes (Shinbo)
  • Hojo-Jitsu
    befähigte den Wachmann, den Gegner innerhalb von Sekunden zu fesseln und niederzuhalten
  • Kugosoku
    eine Art des Jiu-Jitsu, die unter anderem von den Wachleuten bei einem unbewaffneten Kampf angewendet wurde.

Der Tanbo ist ein Knüppel, der in der Regel aus japanischer Eiche hergestellt wurde. Ein Wachmann, der damit umgehen konnte, war in der Lage, jeder anderen Waffe standzuhalten. Ein gut geführter Schlag konnte alles bis auf ein hervorragend geschmiedetes Schwert zerschmettern. Weil den Wachleuten das Tragen von Schwertern verboten war, nutzten sie diese zwei Fuß langen Schwertimitationen. Manchmal kämpften sie mit zwei dieser Tanbos.

Es erwuchs eine Kampfsitte, die zuerst von Miyamoto Musashi, dem berühmten Schwertkämpfer, aufgegriffen wurde. Er kämpfte meist nicht mit einem Schwert, sondern mit zwei Holzstöcken. Oft verwendeten die Samurai im Kampf auch lange Waffen, etwa Speere, Die Wachleute waren daher gezwungen, sich im Kampf mit sechs Fuß langen Stäben zu trainieren. Der Gebrauch des Tanbo ist eine traditionelle Kunst, seitdem sie von diesen einfachen Wachmännern erfunden wurde. Heute aber wird sie als Teil des Bo-Jitsu angesehen. Sowohl der Bo als auch der Jo wurden benutzt, um Schwerter zu zerbrechen und Streitwaffen abzuwehren. Sie wurden geschwungen, geworfen gestoßen oder geschlagen, um einen Gegner niederzuwerfen. Der Shinbo dagegen wurde ausschließlich zu Nahkampf verwendet. Diese kleine Waffe, die nur wenige Zoll maß, konnte eine tödliche Wirkung haben. Sie war von besonderem Wert, weil sie unter dem Gewand versteckt werden konnte, um sie im richtigen Augenblick zu ziehen, den Gegner damit zu überraschen und unter Umständen tödlich zu treffen.

Die eigentliche Waffe des Yaku-Kobu-Jitsu ist jedoch der metallene Stab mit dem Zacken. Er wurde ausschließlich in Japan benutzt. Obwohl das Sai mit zwei Zacken versehen ist, hat es mit dem metallenen Stab einige Ähnlichkeit. Auch in China gab es eine vergleichbare Waffe, das Schmetterlingsmesser. Im Gegensatz zum metallenen Stab, wurde jedoch das Sai paarweise verwendet.

Von dem metallenen Stab gibt es in Japan an die hundert verschiedene Ausführungen. Obwohl es als Schlagwaffe mit einem stumpfen Ende versehen war, wurde er gespitzt und geschärft auch als Stichwaffe eingesetzt.

Die Wachleute eigneten sich mit dem metallenen Stab eine immer größere Fähigkeit an. So daß sie mit der Zeit für alle, die gegen das Gesetz verstießen, zu gefürchteten Ordnungshütern wurden. Auch den bis an die Zähne bewaffneten Samurai konnten sie mehr und mehr Respekt abgewinnen.

Auch mit ihrer Schnur erreichten sie eine immer größere Perfektion. Es war atemberaubend, sie mitten in einer heftigen Auseinandersetzung ihren Gürtel ziehen, einen der Krawallmacher niederwerfen und binden zu sehen. Die unauflöslichen Knoten, die sie in Sekundenschnelle banden, würden einen Pfadfinder vor Neid erblassen lassen. Dabei ist erwähnenswert, daß je nach Alter und sozialem Stand der Delinquenten verschiedene Knoten angewendet wurden. Ein Bauer etwa sah sich einem anderen Knotensystem ausgesetzt, als etwa eine edle Persönlichkeit. Das Training der Wachleute bestand schließlich auch aus Kugosoku-Jiu-Jitsu. Mit diesen Kampfmethoden sollte der Ordnungshüter befähigt werden, seinen Gegner nicht nur von weiteren Untaten abzuhalten, sondern ihn auch hinter Schloß und Riegel zu bringen. Sie trainierten die schmerzhaftesten Griffe, mit denen sie auch den gewalttätigsten Randalierer zur Ruhe bringen konnten.

Misakatsu Takeouchi war der eigentliche geistige und praktischer Urheber dieser Formen des Kampfes. Ihm haben die Wachleute die durchdachte und in sich abgerundete Kampfmethode zu verdanken. Dieser Samurai war der zweite Mann der Takeouchi Ryu -schule in Jiu-Jitsu. Seine Fähigkeiten erlangten eine derartige Berühmtheit, daß eines Tages sogar der Kaiser Gomizuno zu seiner Schule pilgerte.

Er wollte Takeouchi mit eigenen Augen kämpfen sehen. Nachdem er seine großen Fähigkeiten in Augenschein genommen hatte, war er so beeindruckt, daß er sich den Gürtel von der Hüfte nahm, und ihn dem großen Meister für seine zukünftigen Kämpfe zur Verfügung stellte. 1874 reorganisierte der japanische Staat seine Polizei. Die Klasse der Samurai war ausgestorben. Nun galt das Verbot, Waffen zu tragen für jedermann, Nur die Polizei war mit dem metallenen Stab und mit dem Tanbo ausgestattet. Der Handel mit dem Westen nahm immer größere Formen an. Westliche Seeleute kamen ins Land und waren, wenn sie getrunken hatten, schnell bereit, das Messer zu ziehen, wenn es zu einer Schlägerei kam.

Auch die heutige Polizei in Japan wird noch in Yaku-Kobu-Jitsu ausgebildet. Die besten und wirkungsvollsten Techniken dieser Kampfkunst stehen den Ordnungshütern heute zur Verfügung. Lediglich der Name hat sich geändert: Taiho-Jitsu. Allerdings setzt sich diese Kampfform aus den verschiedensten Richtungen zusammen, Jiu-Jitsu, Kendo, Judo, Aikido, Karate und Hojo-Jitsu. Anstatt des Bo-Jitsu trainieren sie heute Keijo-Jitsu. Das Tanbo wurde durch den modernen Keibo ersetzt, auch die alte Form des metallenen Stabes ist verschwunden. Statt dessen benutzen die Polizisten heute den Tobi-Dashi-Jutte. Diese Waffe kann wie ein Fernrohr zusammengeschoben werden, im Fall eines Kampfes jedoch kann sie bis auf eine Länge von 50cm verlängert werden. Dieses Stahlrohr ist zwar nicht mehr mit einem Zacken versehen, kann aber in einer trainierten Hand zur tödlichen Waffe werden. Welche Formen die Waffen und die Kampfmethoden im Laufe der Zeit auch annehmen, sie alle sind Teil des Yaku-Kobu-Jitsu.

 
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